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Peter Glowasz – und seine erlebten Geschichten

Auf dieser Seite erzähle ich meine erlebten Geschichten. an die ich mich so gern erinnere. Es sind Geschichten überwiegend aus den frühen 60er Jahren, als ich als Bildjournalist und begeisterter Porschefahrer zahlreiche berühmte Persönlichkeiten besuchte oder mit ihnen telefonierte. Später habe ich auch darüber in einigen meiner Radiosendungen berichtet.

Nun, lassen Sie sich also auf dieser Seite von meinen Erlebnissen überraschen. Ich wünsche gute Unterhaltung.

Ihr Peter Glowasz



Meine erste erlebte Geschichte im Jahre 1978: ich konnte Harald Juhnke für meinen Weihnachtsfilm in der Rolle des Weihnachtsmannes gewinnen …

Am 2. November 1979 erschien in der Berliner Zeitung BZ dieser Artikel: zu sehen Peter Glowasz, Harald Juhnke, die Söhne des Filmers und ein kleiner Geigenspieler …

… und Harald Juhnke wärmte sich zwischendurch bei einem Glas Glühwein …
Peter Glowasz beim Drehen seines Weihnachtsfilmes Ende der 70er Jahre …

Nach Fertigstellung des Weihnachtsfilms berichtete am 2. November 1979 die Berliner Zeitung BZ: „Peter Glowasz, 45jähriger Angestellter in der Mietpreisstelle des Bezirksamts Steglitz, bringt in seiner Freizeit viele Berliner in vorweihnachtliche Stimmung.

Der Filmer hat einen 60-Minuten-Weihnachtsfilm gedreht, den er überall in Berlin vorführt: In Seniorenheimen, Kirchengemeinden, Vereinen und auch in Banken.

‚Mein Weihnachtsmann ist Harald Juhnke‘, sagte er. Juhnke kommt in einer Szene mit einem Hubschrauber vom Himmel und landet mit langem weißen Bart auf dem Weihnachtsmarkt.

In dem Film wird die Geschichte von zwei Berliner Jungen gezeigt, die in ihrer Familie die Vorweihnachtszeit erleben: Sie basteln, lesen vor, backen – alles in Ruhe, Beschaulichkeit und friedlicher Stimmung.

‚Gerade diese Atmosphäre ohne Jagd und ohne Hetze macht es wohl, daß der Film überall so gern gesehen wird‘, sagt Peter Glowasz, der sich immer nur die eigenen Unkosten ersetzen läßt.

Die Hauptdarsteller in dem Film sind seine Söhne: der elfjährige Marcus und der 13jährige Michael.

Auch am 6.Dezember wird der Film vorgeführt: Beim Nikolausfest des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller in der Fasanenstraße.“

Soweit die Veröffentlichung in der BZ.

Viele Jahre zuvor, es war Anfang 1970, lernte ich Harald Juhnke im Journalisten-Club im Axel Springer-Haus in der Berliner Kochstraße kennen; als nebenberuflicher Bildjournalist wurde ich anlässlich einer kleinen Gesprächsrunde mit Juhnke und Lesern der Berliner Morgenpost eingeladen. Der Schauspieler erzählte über seine berufliche Arbeit – und wir, die Leser und ich, konnten Fragen an Herrn Juhnke stellen. Dabei bekam ich auch einen ganz persönlichen Kontakt zu Harald Juhnke.

Jahre später, es war das Jahr 1978, begann ich mit meinen Vorbereitungsarbeiten zu dem besagten Weihnachtsfilm. Dabei fiel mir ein, dass doch Harald Juhnke die Rolle des Weihnachtsmannes in meinem Film übernehmen könnte, denn ich wußte schon bereits, dass man sich schon für den kommenden Weihnachtsmarkt am Funkturm einen Gag ausgedacht hatte: Mit einem Hubschrauber soll Harald Juhnke, als Weihnachtsmann verkleidet, auf dem Weihnachtsmarkt landen.

Natürlich mußte alles dramaturgisch vorbereitet werden: die Weihnachtsmann-Szene mußte also mit Harald Juhnke abgesprochen werden; das heißt: er mußte auch damit einverstanden sein.

Also nahm ich mir vor, Herrn Juhnke zu besuchen. Mit meinen Söhnen Michael und Marcus ging ich kurz entschlossen zur Grunewalder Richard-Strauß-Straße 26, Ecke Knausstraße. Juhnkes wohnten derzeit in der Parterrewohnung eines Mehrfamilienhauses (später zogen sie in die Villa, Lassenstraße 1, Ecke Königsallee).

Wir hatten Glück, denn nach kurzem Klingeln am Wohnhaus ertönte der Summer – und nun hoffte ich, daß Harald Juhnke auch tatsächlich zu Hause ist.

Kurzes Warten vor der Wohnungstür – die Tür öffnete sich und vor uns stand ein strahlender Harald Juhnke, Zigarre rauchend und bekleidet mit einem eleganten weinroten Hausmantel.

„Hallo, was darf ich für Euch tun?“ – „Guten Tag, Herr Juhnke, wir haben ein besonderes Anliegen, dürfen wir Sie einmal sprechen?“, waren meine ersten Worte. Herr Juhnke bat, doch hinein zu kommen, er führte uns dann in sein großräumiges Wohnzimmer, wo wir Platz nehmen konnten.

Anfangs erinnerte ich an die Begegnung mit ihm im Journalisten-Club – und so konnte er sich sofort wieder an mich erinnern: „Ach ja, Herr Glowasz …“

Dann erklärte ich genauestens mein Filmprojekt – stellte dem Schauspieler auch die wichtigste Frage, ob er bereit wäre, die spezielle Szene in meinem Film in der Rolle des auf dem Weihnachtsmarkt landenden Weihnachtsmannes zu spielen.

Harald Juhnke sagte spontan zu: „Was Sie machen ist eine tolle Idee – ich werde die Szene spielen, Ihr Film dient ja einem wohltätigen Zweck.“ –

Inzwischen sind über 30 Jahre vergangen – und am Heiligen Abend werde ich mir den Film noch einmal anschauen. Und gern denke ich heute an den großen und besonders liebenswürdigen Schauspieler Harald Juhnke zurück. –

Allen Besuchern meiner Internetseite wünsche ich eine ruhige und besinnliche Vorweihnachtszeit.

Ihr Peter Glowasz

Das Grab von Harald Juhnke befindet sich auf dem Zehlendorfer Friedhof am Hüttenweg.


Meine zweite erlebte Geschichte in den 60er Jahren mit dem bekannten Berliner Sänger Bully Buhlan …

Bully Buhlan

Bully Buhlan in seiner Zehlendorfer Villa in der Klopstockstraße 10

Heute erzähle ich die Geschichte von meiner Begegnung mit dem Schlagersänger Bully Buhlan. Den jüngeren Lesern sei gesagt: Bully Buhlan war mehr als ein Schlagersänger, er war ein deutscher Pianist, Komponist, Produzent – und ein singender Botschafter Berlins. Viele erinnern sich an seinen bekanntesten Schlager der Nachkriegszeit: „Würstchen mit Salat“; dieses Lied nahm der damals 22jährige Buhlan im Jahre 1945 mit dem RBT-Orchester im Funkhaus in der Berliner Masurenallee auf. Mit diesem Lied wurde er zum populären Sänger in der Stadt Berlin. Im Jahre 1946 entstanden weitere Buhlan-Aufnahmen: die „Räuberballade“ – „Gib mir einen Kuß durchs Telefon“ und „Kötzschenbrodaexpress. Viele weitere Titel folgten: „Ich bin ein armer Troubour“, „Nur die Ruhe“. Später, bei der Plattenfirma Polydor nahm er dann fortan viele, viele Titel mit dem RIAS-Tanzorchester unter Leitung von Werner Müller auf, so zum Beispiel: „Ein Gläschen Wein und du“ – zusammen mit Rita Paul. Rita Paul und Bully Buhlan waren seinerzeit das Schlager-Traumpaar von Berlin. Rita Paul, die eigentlich mit bürgerlichem Namen: Rita Pilgrim-Baltazzi heißt, lebt heute 83jährig in einer wunderschönen Eigentumswohnung in der Dürerstraße in Berlin-Lichterfelde.

Bully Buhlan und Rita Paul in dem Film „Heimweh nach dir“ aus dem Jahr 1952.

Bully Buhlan – der Liebling von Berlin …

Die Autogramm-Postkarte …

In dem Film „Schlagerparade“ und in vielen anderen Filmen spielte und sang Bully Buhlan.

Bully Buhlan mit seinen Kindern Sabine und Joachim …

Bully Buhlan mit seiner Familie während der Ferien auf der Insel Sylt.

Auch privat fand Bully Buhlan sein großes Glück. Er heiratete seine Jugendliebe Charlotte. 1956 kam Buhlans Tochter Sabine zur Welt – und ein Jahr später Joachim. Der Sohn lebt heute auf Mallorca und Tochter Sabine besitzt heute eine herrliche Dachgeschoßwohnung in Berlin-Schöneberg.

Wie kam es nun zur Begegnung mit Bully Buhlan in den 60er Jahren? Als sogenannter möblierter junger Mann und vielbeschäftigter Bildjournalist wohnte ich zu dieser Zeit in der schönsten Gegend von Berlin-Zehlendorf, nämlich in der Klopstockstraße 19, ganz in der Nähe vom Schlachtensee. Die Hauseigentümer des Landhauses, die Familie Krausharr, besaßen viele Hühner, die sich im Garten tummelten. In der Nachbarschaft wurde dies bekannt – und so holte man sich wöchentlich die frischen Eier. Auch die Familie Buhlan, die in der gegenüberliegenden Villa wohnte schätzten die frischen Eier der Familie Krausharr. Oft war die Familie Krausharr aber nicht zugegen – und so mußte ich oftmals die Eier an die Nachbarn verkaufen. Eines Tages erschien auch der Nachbar Bully Buhlan. Ich bat ihn, doch mit in den Garten zu kommen, da könnte er sich seine Eier selbst aussuchen; wir kamen ins längere Gespräch und so lud er mich zu einer Tasse Kaffee in seine Villa ein.

Seit dieser Zeit kam ich dann öfters in die wunderschöne Villa von Bully Buhlan, auch machte ich Fotos. 1973 drehte ich einen Film über die Internationale Funkausstellung, die in Berlin stattfand; auf dieser Veranstaltung sang auch Bully Buhlan. Später habe ich ihm diesen Film geschenkt, worüber er sich sehr gefreut hat.

Später erfuhr ich, als ich schon längst verheiratet war und in Wilmersdorf wohnte, dass dieses schöne Landhaus in der Zehlendorfer Klopstockstrasse 19 – wo ich einst wohnte und Bully Buhlan traf und kennenlernte – an den bekannten TV-Moderator und Drehbuchautor Wolfgang Menge verkauft wurde; Menge lebte dort bis zu seinem Tod im Oktober 2012.


Bully Buhlan freute sich sehr über meinen Film …

Bully Buhlans herrliche 7-Zimmervilla in der Zehlendorfer Klopstockstraße 10 – ganz in der Nähe vom Schlachtensee.

Zu erwähnen sei noch, dass sich Buhlans Ehefrau Charlotte nach 21 Ehejahren 1971 das Leben nahm. Für Bully Buhlan war dies unbegreiflich. Seit dieser Zeit veränderte sich das Leben des Sängers.

In den 80er Jahren wurde jedoch eine größere Tournee mit Buhlan vorbereitet – auch Rita Paul sollte dabei sein. Vorher wollte Bully Buhlan aber noch eine Urlaubsreise mit den Kindern in die Karibik antreten. Doch vorher war Buhlan noch zum Stammtisch mit Fritz Schulz-Reichel und Freunden „Bei Kalle Gaffkus“ am Bahnhof Schlachtensee verabredet. Doch sie alle warteten vergeblich. Es war der 7. November 1982 – an diesem Tag hat Buhlans Herz plötzlich und unerwartet versagt, als er in seiner Villa im Schlafzimmer gemütlich frühstückte und Zeitung las. – Seine Kinder, die an diesem Tag, es war ein Sonntag, wieder zu Besuch kamen, um gemeinsam zu Mittag zu essen, fanden ihren Vater tot m Bett.

Am Vormittag des 16. November 1982 wurde der Berliner Schlager-Liebling von einst: Bully Buhlan neben seiner Frau Charlotte auf dem Waldfriedhof Dahlem am Hüttenweg zur letzten Ruhe gebettet; auch Buhlans Mutter Helene wurde schon vor Jahren dort begraben.

Curth Flatow hielt eine bewegende Trauerrede für seinen langjährigen Freund und Heinrich Riethmüller spielte einige von Buhlans Lieblingsmelodien.

Zu Bully Buhlans letzter Reise hatten sich unter anderem folgende Freunde eingefunden: Gerhard Wendland, Werner Müller, Fritz Schulz-Reichel, Rita Paul, Bubi Scholz, Harald Juhnke, Erwin Lehn, Fred Bertelmann, Günther Pfitzmann und Kalle Gaffkus.

Bully Buhlan hatte sich doch so gefreut auf die geplante Tournee. „Die Leute wollen mich wieder hören“, hatte er noch wenige Tage vor seinem Tod freudestrahlend gesagt.

Bully Buhlan – so wie ihn alle kannten.

Anlässlich des 25. Todestages von Bully Buhlan – im Jahre 2007 – habe ich ein Hörbuch zur Erinnerung an Bully Buhlan produziert. Dieses Hörbuch wurde auch im Radio ausgestrahlt.

In diesem Hörbuch kam auch die Tochter Sabine Buhlan zu Wort, die ich in ihrer Schöneberger Dachgeschoßwohnung aufgesucht habe. Sie hat sich ausführlich über ihren Vater geäußert …

Sabine Buhlan mt ihren geliebten Katzen – zu Hause in ihrer Schöneberger Dachgeschoßwohnung

Sabine Buhlan freute sich sehr über das Hörbuch-Geschenk zur Erinnerung an ihren Vater. Wenige Tage später schrieb sie mir einen netten Dankesbrief …

Im November 2012 jährt sich der 30. Todestag von Bully Buhlan. Zu diesem Zeitpunkt wird es eine weitere Sendung zur Erinnerung an den unvergessenen Berlin-Sänger geben.

Wissenswertes über Bully Buhlan: Wie alles anfing …

Geboren wurde der Sänger am 3. Februar 1924 in Berlin-Lichterfelde; sein eigentlicher Name lautet: Hans-Joachim Buhlan. Schon sehr früh bekam Buhlan Klavierunterricht, er war gerade 6 Jahre alt. Den Vornamen Bully erhielt er auch schon sehr früh, sozusagen als Spitznamen von seinen Schulkameraden. Bully ging während seiner Schulzeit einer „Nebentätigkeit“ nach: dreimal in der Woche spielte der 16jährige in der Lichterfelder „Rosendiele“ mit seiner Band. Vom „Unternahmen Rosendiele“ hatten weder die Eltern noch die Schule eine Ahnung. Als dann alles vor dem Abitur herauskam, flog Bully von der Schule. Er wechselte das Gymnasium, machte sein Abi im Februar 1942 – und spielte zunächst weiter in Bars und Orchestern, um sich sein Unterhalt für sein begonnenes Studium der Volkswirtschaft und der Jura zu verdienen.

Von der Universität wurde der 18jährige zum Wehrdienst einberufen – und kam an die Front. Doch im Frühjahr 1943 wurde er schwer verletzt und kam ins Lazarett. Noch während des Krieges 1943 trat er dann erstmals in einer Rundfunksendung auf. Ganze 19 Jahre alt spielte er wieder mit eigener Kapelle beim Kurzwellensender im Deutschlandhaus am Berliner Reichskanzlerplatz.

Mit der derselben Kapelle wurde er 1944 vom Sender Danzig engagiert, um Sendungen für das Ausland zu produzieren. Deshalb kamen die Titel für das Programm auch vorwiegend aus England und Amerika, die Notenblätter dazu lieferte das Reichspropagandaministerium.

Im Jahre 1945, der Krieg war gerade 19 Tage zu Ende, verdiente er sich sein weiteres Jura-Studium wieder als Pianist in den Bars der Stadt Berlin.

Eines Tages hörte ihn Michael Jary in einer Bar in Kudamm-Nähe. Der Komponist Jary war ja gerade damit beschäftigt, das „Radio-Berlin-Orchester-RBT“ beim Berliner Rundfunk zusammenzustellen. Michael Jary war von dem Musiker Buhlan begeistert und bestellte den 21jährigen zum Vorspiel ins Funkhaus in der Masurenallee.

Bully Buhlan wurde als Pianist sofort engagiert; als Michael Jary dann aber Bully singen hörte, war er von dieser Stimme so begeistert, dass er ihn fortan als Sänger im RBT-Tanzorchester auftreten ließ.

So kam es also, dass Bully Buhlan den Konzertflügel mit dem Mikrofon tauschte. Damit gelang Bully Buhlan der Durchbruch zum berühmtesten Schlagersänger der 50er und 60er Jahre …

Das Grab befindet sich auf dem Zehlendofer Friedhof am Hüttenweg. Foto: Matthias Bauer.


Meine dritte erlebte Geschichte, ebenfalls in den 60er Jahren, handelt von dem bekannten Berliner Heimatforscher Kurt Pomplun …

Der Berliner Heimatforscher Kurt Pomplun, im Juli 1968 aufgenommen. Foto: Verein für die Geschichte Berlins.

In diesem Beitrag möchte ich über den waschechten Berliner erzählen, den ich auch persönlich kennenlernen durfte.

Kurt Pomplun erblickte in Schöneberg am 29. Juli 1910 das Licht der Welt, später zog er nach Wilmersdorf und dort wohnte er bis zu seinem Tod am 5. August 1977.

Der Heimatforscher Kurt Pomplun hat sich als ein großer Kenner unserer Stadt Berlin einen bedeutenden Namen gemacht. Auf einmalige humorvolle Art verstand es der Forscher, sein umfangreiches Berlin-Wissen in zahlreichen Büchern aufzuschreiben. In vielen lebendigen Vorträgen servierte er Geschichten und Geschichte. Steine und Fassaden konnte Pomplun „zum Reden“ bringen. Kurt Pomplun wurde zu einem „Berliner Original“, er war ein Begriff für Berlin – in Ost und West. Eine Welle von Sympathien schlug dem Forscher überall entgegen. Wer ihn nie gesehen hatte, erkannte den Ur-Berliner aber sofort an seiner unnachahmlichen Stimme. Als Vermessungsfachmann, mit seiner geliebten Zigarre im Mund, vertiefte Pomplun sein Wissen auf Fontanes Spuren. Nicht von ungefähr holte ihn dann auch das Bezirksamt Schöneberg zum Aufbau eines Heimatarchivs.

RIAS Berlin: „Kutte kennt sich aus“ – Im Jahre 1967 interessierte sich der Sender RIAS Berlin für den populären Bezirksheimatpfleger. „Kutte kennt sich aus“, so hieß die Sendung, von der zunächst nur einige Ausgaben geplant waren; 125 Sendungen wurden daraus – und es wären noch viele Sendungen mehr geworden, wenn nicht der Tod dazwischen gekommen wäre.

Für mich als „rasender Reporter“ – stets mit meinem schnellen Porsche unterwegs – wurde Kurt Pomplun immer interessanter, weshalb ich mich durch Telefonate bemühte, ihn vors Mikrofon zu bekommen. Wochenlang mußte ich warten, denn Kurt Pomplun war sehr beschäftigt, er galt als „Arbeitstier“. Aber ich hatte Glück: Kurt Pomplun sagte eines Tages zu – und wir trafen uns Ende 1969 im Hotel Kempinski am Kurfürstendamm in Berlin. Im Salon des Hotels steckte sich der freundliche Heimatforscher erst einmal eine Zigarre an – und dann bat er mit seiner rauchig-knorrigen Stimme um meine erste Frage, die da lautete: „Herr Pomplun, wie ist es zu verstehen, dass Sie sich so gut mit der Berliner Geschichte auskennen?“ „Wissen Sie, das ist eigentlich eine Kinderkrankheit“, erwiderte er. „Als ich zur Schule ging, war eine sehr bewegte Zeit. Da war der Erste Weltkrieg – und man erlebte jeden Tag praktische Geschichte. Und das, was man nicht erlebte, erfuhr man von alten Leuten. Das blieb natürlich im Gedächtnis haften. Dazu kam, dass wir einen sehr angeregten Geschichtsunterricht hatten.“

Auf die Frage, ob er Berliner sei, antwortete Kurt Pomplun: „Na klar, ich bin ein Ur-Berliner und in Schöneberg geboren; dort ging ich auch zur Schule. Später wohnte ich in Wilmersdorf, wurde also dann ein Wilmersdorfer. Nun, Schöneberg war ja früher eine selbständige Stadt mit eigenen Einnahmen und entsprechendem Vermögen. Das sieht man ja heute noch am opulenten Schöneberger Rathaus. Und wenn die Frühlingslüfte wehten und wir uns stark fühlten, dann gingen wir die Berliner Jungens ‚verhauen‘. Mit den Wilmersdorfern haben wir uns aber ganz gut verstanden; da gab es keine große Reibung. Schöneberg war ja Stadt und Wilmersdorf war Dorf. Und man sah sich immer, wenn man sich der Grenze im Stadtpark näherte. Übrigens die Bänke in Schöneberg waren grün angestrichen, die in Wlmersdorf weiß gestrichen. Seit 1920 gab es das alles nicht mehr, denn da wurden wir ein einheitliches Groß-Berlin.“

„Sie waren ja wohl viel unterwegs?“ – „Na und ob. Mit ’ner frischen Schrippe in der Tasche bin ick uff Berlins Spuren und Umgebung gewandelt. Ick habe alles erloofen, mein Lieber, eigentlich schon von ‚krummen Kindesbeenen‘ an. Ich bin eigentlich schon als Sechsjähriger viel rumgelaufen, habe immer viel gesehen. immer viel gelesen – und heute bin ich immer noch viel unterwegs. Dazu kommen ja die Lesungen in Buchhandlungen und die vielen Interviews.“

„Sicher bekommen Sie auch viel Post?“ – Und da seufzte Kut Pomplun plötzlich und sagte: „Weit über 1000 Briefe pro Jahr und mindestens 10 Telefonate am Tag muß ich beantworten. Darüber hinaus erhalte ich viele Autogrammwünsche. Und wenn ick mal so richtig Hunger habe, dann bestelle ick mir in eener gemütlichen Gastwirtschaft Eisbein oder eine Kartoffelsuppe, dazu ein bayerisches Gebräu.“

Auf meine Frage an Kurt Pomplun, ob er auch ein Kunstkenner sei, antwortete er:“Ich bin sicher kein absoluter Experte, aber von Bildern verstehe ich schon einiges. Und so erinnere ich mich an die Eröffnung des Berlin-Museums, wo auf 47 Blättern der Preußenkönig Friedrich II. in allen Lebenslagen, bei Tisch, beim Flötenspiel usw., verewigt wurde. Als Autor nennen reichliche Signaturen den Literatur-Illustrator Daniel Chodowiecki aus Danzig. Diese Blätter hat der Verleger Axel Springer von einem Berliner Kunsthändler für 80.000 Mark gekauft; zur Eröffnung des Museums lieh Springer diese Blätter aus. In Anwesenheit von Axel Springer wurden die Bilder feierlich vorgestellt – und man nannte auch den Autor, nämlich Daniel Chodowiecki. Und da rief ich den Experten an diesem Abend lautstark zu: ‚Det is Knötel‘! Gemeint habe ich den Uniformmaler Richard Knötel. Mit Erstaunen nahm man dann zur Kenntnis, dass diese Blätter abgemalt wurden, also es war eine Fälschung, was man da zeigte. Der Plagiat-Besitzer Axel Springer nahm die Enthüllung gefaßt mit den Worten zur Kenntnis: ‚Hauptsache der Sammler ist ein Original‘ „.

Jetzt schaut Kurt Pomplun plötzlich auf seine Uhr: „Herr Glowasz, ich muß jetzt gehen, einige Termine warten auf mich“. Ein sehr interessantes Gespräch ging zu Ende.

Später erfuhr ich, dass der beliebte Heimatforscher am 5. August 1977 plötzlich während einer Diskussion in der Schöneberger Buchhandlung Elwert und Meurer an Herzversagen verstarb. Er wurde 67 Jahre alt. Im Monat August 2012 jährt sich sein Todestag zum 35. Mal. Sein Ehrengrab befindet sich auf dem Friedhof Wilmersdorf.

Kurt Pumplun verfasste viele Bücher. Hier wohl sein bekanntestes Werk, das aber leider nicht mehr lieferbar ist.

Das Ehrengrab von Kurt Pomplun befindet sich auf dem Friedhof Berlin-Wilmersdorf.


Meine vierte Geschichte erlebte ich im Jahre 2003 mit dem großen Schauspieler O.W. Fischer, wenige Monate vor seinem Tod …
… und in der fünften erlebten Geschichte erzähle ich von dem Wiedersehen mit der Schauspielerin Ruth Leuwerik in Berlin.

O.W. Fischer in dem Film von Helmut Käutner: „Ludwig II. – Glanz und Ende eines Königs“. Foto: Aura/Schorchtfilm/Rüdel-Verlag.

Filmprogramm „Illustrierte Film-Bühne“: O. W. Fischer als König Ludwig II. von Bayern.

In meiner vierten erlebten Geschichte möchte ich von einem großen Schauspieler erzählen, den ich zwar persönlich nicht kennenlernte, ihn aber in einem längeren Gespräch am Telefon – wenige Monate vor seinem Tod – erleben durfte.

Die Möglichkeit des Telefonats mit O.W. Fischer bot mir mein Buch: „Herrlichkeit und Tragik eines Märchenkönigs – Die Wahrheit über König Ludwig II. von Bayern, den letzten wirklichen Monarchen seines Jahrhunderts“, dass im Juni 2003 im gesamten deutschsprachigen Buchhandel erschien. In diesem Buch habe ich auch ausführlich über O.W. Fischer berichtet, der in dem Film von Helmut Käutner „Ludwig II. – Glanz und Ende eines Königs“ in hervorragenderweise König Ludwig II. von Bayern darstellte. Ruth Leuwerik spielte die Elisabeth, Kaiserin von Österreich (Sisi) und Klaus Kinski sah man in der Rolle des Prinzen Otto, Bruder Ludwigs II. – Ein Film in bester deutscher Besetzung und Ausstattung, der 1954 in die Kinos kam. O.W. Fischer wurde für seine Ludwig II.-Darstellung der Bundesfilmpreis 1955 (Filmband in Gold) verliehen – und Kronprinz Rupprecht von Bayern gewährte ihm eine Audienz in Schloss Nymphenburg (Geburtshaus von Ludwig II.). Für O.W. Fischer war das die Krönung seiner schauspielerischen Laufbahn.

O.W. Fischer erhielt mein Buch mit einem langen erklärenden Brief im September 2003 über seine langjährige Agentin und Privatsekretärin, Frau Sina Dobermann, die allwöchentlich zu dem Schauspieler in die Schweiz flog.

Der sehr kooperativen Frau Dobermann ist es zu verdanken, dass ich mit Herrn Fischer das Telefonat führen konnte. Doch zunächst teilte mir Frau Dobermann mit, dass sich Herr Fischer in einem schon sehr schwachen gesundheitlichen Zustand befände – und es muß auf eine Besserung abgewartet werden; sie würde mir dies kurzfristig mitteilen.

Ende September benachrichtigte mich dann Frau Dobermann, dass es dem Schauspieler etwas besser gehen würde.

Noch am gleichen Tage wählte ich Fischers Telefon-Nummer. Ich hatte Glück, denn O.W. Fischer war selbst am Telefon; seine Stimme klang sehr schwach, sie wirkte gebrochen. Über meine Buchsendung freute er sich besonders, bemerkte aber sogleich, dass er wegen seines momentan schlechten Gesundheitszustandes noch nicht zum Lesen gekommen sei. Er versprach aber, dies bald nachzuholen – und er würde mir dann auch schreiben.

Im Verlauf des längeren Gespräches sagte er, dass seine Arbeit und seine Tage, die er noch hätte, dazu da sind, für möglichst viele junge Menschen etwas niederzuschreiben, um ihnen die Lebensangst zu nehmen.

Und über den Tod sagte er: „Es gibt keinen Tod; es gibt die Unsterblichkeit – wir gehen einfach in die Luft und kommen wieder …“. Und O.Ws. Meinung zum Tod Ludwigs II.: „Der König starb keines natürlichen Todes, er wurde umgebracht …“

DIE SCHLUSS-SZENE (Selbstmord des Königs durch Ertrinken) ENTSPRICHT SOMIT NICHT DER WAHRHEIT! Käutner mußte aber diesen Film so beschließen, sonst hätte er nicht die Erlaubnis des Hauses Wittelsbach bekommen, in den Schlössern zu dehen!

Zu der Filmerei sagte Fischer, dass er gern den bayerischen König Ludwig I. dargestellt hätte: „Es war ein König ohne König zu sein“. Für Fischer wäre auch so eine Darstellung besonders reizvoll gewesen, „weil es dann im Film eine Begegnung mit Goethe gegeben hätte“. Fischer bemerkte auch, dass Ludwig I. „kein Opfer der Lola Montez war, eher umgekehrt“.

Und so konnte ich auch erfahren, dass „Ludwig II.“ von Helmut Käutner nicht der liebste Film von O.W. Fischer war. Vielmehr aber der Film „Das weite Land“ von Arthur Schnitzler.

O.W. Fischer zu seiner Rolle des Königs: „Ich glaube, dass Ludwig II. – ein verlorenes Wesen in dieser Welt, ein einsamkeitssuchendes Geschöpf – auf mich zurückgestrahlt hat und mich in gewisser Weise dann auch selbst infiziert hat. Und nur so war es mir möglich, mich in dieses Wesen zu verwandeln. Vor allem im letzten Teil des Films fühlte ich mich ganz in dieses Wesen verwandelt. Ein großartiger Stoff, doch der Film gab nicht alles her. Ich habe einige Szenen für den Film selbst entworfen – und dazu habe ich auch längere Gedichte geschrieben. Damit wollte ich Ludwigs Frömmigkeit stärker in den Vordergrund stellen. Käutner hat aber diese Passagen gestrichen. Ich habe Regisseure nie gemocht. Regisseure sind Hebammen, aber keine Mütter. Das wirklich aufregendste am Schauspielerberuf ist das fertige ‚Gedeck‘ – und das überzeugendste ist der Dichter, der Autor und nicht der Regisseur. Die Regisseure habe ich in den meisten Fällen als ‚Krafthuber‘ kennengelernt. Das sind Männchen, die ein wenig die Fruchtbarkeit verloren haben und sich aufpudeln. Kraft dieser Leute war ihre List; die haben die Kapazität gehabt, dem Darsteller dauernd einzureden, dass alles was sie empfehlen von ihnen kommt.

Das Geheimnis meiner Karriere ist, dass ich immer das geschrieben und gesagt habe, was m i r gefällt – und nicht was anderen gefällt.“

Für den Rest seiner Tage, so sagte der Schauspieler, Philosoph und Dichter, möchte er mit seinen geliebten Katzen allein bleiben. „Meine Frau ist gestorben, aber sie ist nicht tot. Ich führe stille Gespräche mit ihr. Denn das was sich liebt, sich auch ruft.“

O.W. Fischer, der auf einem herrlichen Landsitz in Vernate (Schweiz): Castello del Pescatori (zu Deutsch: Fischerburg), hoch über dem Luganer See, lebt, vertraute mir noch am Schluss des Telefonats seine täglichen Lebensgewohnheiten an: „Um sieben Uhr beginnt mein Tag, da ‚rede‘ ich zuerst mit meinen drei Ahornbäumen vor meinem Fenster. Geht’s mir schlecht, bleibe ich im Bett und schau‘ zum Himmel, geht’s mir gut, spaziere ich in meinem 14.000 Quadratmeter großen Park. Mein Grundstück verlasse ich kaum noch – das erspart mir so manche Enttäuschung. Danke für das Gespräch Herr Glowasz. Ich schreibe Ihnen.“

Ein wunderbares, interessantes Gespräch ging zu Ende – es wird mir stets in Erinnerung bleiben.

Mein schönstes Weihnachtsgeschenk im Jahre 2003 war die Post von O.W. Fischer. In seinem Brief vom 22. Dezember 2003 schrieb er: „Lieber Herr Glowasz, die Ludwigs bleiben als Segen für ein Schillern und Leuchten einer Persönlichkeit bestehen. Ihr Buch ist hervorragend geschrieben …

Ihr alter

Prof. Otto W. Fischer“.

Nur wenige Wochen nach dem Empfang dieser liebenswerten Zeilen starb der Jahrhundertschauspieler am 1. Februar 2004, 22.30 Uhr, im Alter von 88 Jahren in einer Klinik, ganz in der Nähe seiner romantischen Fischerburg. Wenige Tage später fand die Beerdigung in Lugano statt. Nur 21 Trauergäste waren anwesend. Es war ein sehr stiller Abschied. Zu sehen waren unter anderem: seine Nichte Hannelore mit ihrem Mann Claus, Fischers Hausmeister und Gattin und das deutsche Schauspieler-Ehepaar Nadja Tiller und Walter Giller.

Das letzte Foto von O.W. Fischer. Foto: dpa.

Foto: Aura/Schorchtfilm.

Das Filmplakat der 50er-Jahre. Foto: Constantin-Film.

Ruth Leuwerik und O.W. Fischer in dem Film „Ludwig II.- Glanz und Ende eines Königs“. Foto: Aura/Schorchtfilm.

Der königliche Film mit O.W. Fischer ist als DVD überall im Buch- und Medienhandel erhältlich. Foto: Kinowelt.


Meine fünfte erlebte Geschichte brachte mir unvergessliche Erfreulichkeiten – so auch ein Treffen mit der großen Filmschauspielerin im Hotel:

Nachdem mein viertes König Ludwig II.-Buch „Herrlichkeit und Tragik eines Märchenkönigs …“ im Juni 2003 als erste Auflage im deutschsprachigen Buchhandel erschien, übersandte ich auch am 6. Februar 2004 ein Exemplar mit einem ausführlichen Brief an Frau Ruth Leuwerik nach München. In meinem Schreiben gab ich der Filmschauspielerin meine große Verehrung für ihre großen Leistungen in Filmen, vor allem in dem Ludwig II.-Film zum Ausdruck.

Schon 2 Tage später, also am 8. Februar 2004, erhielt ich hocherfreut einen Brief von Ruth Leuwerik, beigefügt ein Foto mit Widmung.

Foto: Star-Studio Maximilian Marhoffer/Rüdel-Verlag.

Frau Ruth Leuwerik schreibt: „Sehr geehrter Herr Glowasz! Soeben aus den Winterferien zurückgekehrt, darf ich Ihnen mit Verspätung – aber besonders herzlich – für die Übersendung Ihres Ludwig II.-Buches danken.

Die Problematik um den Tod dieses Königs ist mir bekannt, sowohl die offizielle wie die urbayerische. Daher werde ich Ihr Buch mit besonderem Interesse lesen.

Für Ihre liebenswürdigen Komplimente hinsichtlich meiner Elisabeth-Rolle meinen aufrichtigen Dank, Ich bezweifle aber, daß eine Schauspielerin – nach Kenntnis der Literatur über die Kaiserin – dieser vieldeutig faszinierenden Persönlichkeit überhaupt gerecht werden kann.

Sehr herzlich – und mit

den besten Wünschen für

ein gutes und erfolgreiches

Neues Jahr

Ihre Ruth Leuwerik“.

Wenige Monate später erfuhr ich aus der Presse, dass die Schauspielerin ihren 80. Geburtstag am 23. April 2004 feierte. Für mich ein weiterer Anlass, sofort ihr schriftlich meine Glückwünsche zu übermitteln.

Die Presse war vollen Lobes! Sie schrieb von der Großen Dame der fünfziger Jahre, die eigentlich nicht recht in die Zeit passte, die viel zu modern war – und im Rückblick eine Art Ehrenrettung für die Epoche darstellt.

Nun, in den sechziger Jahren hat sich Ruth Leuwerik mehr und mehr zurückgezogen. Auch das Alter begeht sie – in Würde.

Und Berlin hatte sich da zu ihrem runden Geburtstag was besonderes ausgedacht: Das Filmmuseum Berlin schenkte dem Star der Fünfziger die große Sonderausstellung „Die ideale Frau“ und zeigt Bilder der Frauen im Nachkriegsdeutschland. Und dazu gab es einen großen interessanten Katalog. Damit ehrte das Filmmuseum Ruth Leuwerik mit einer besonderen Hommage vom 29. April bis zum 26. Mai 2004. In dieser Zeit wurden 10 Filme mit Ruth Leuwerik gezeigt – unter anderem: „Königliche Hoheit“ mit dem Traumpaar Ruth Leuwerik und Dieter Borsche.

Achtundzwanzig Filme zwischen 1950 und 1963 hat die Schauspielerin gedreht. Danach fast nichts mehr. Ein bisschen Fernsehen. 1971 noch ein Auftritt der Simmel-Verfilmung „Und Jimmy ging zum Regenbogen“. Leuwerik: „Irgendwann kam der Punkt, wo ich mich etwas erschöpft fühlte“, bilanzierte sie. „Ich hatte das Gefühl, ich muss eine Pause machen, und zwar eine längere Pause.“ Am Ende ihrer Epoche trat die Diva von der Bühne ab. Ein klassisches Finale. Aber: Ruth Leuwerik kennt man noch heute!

In der Ausstellung im Filmmuseum sah man viel Interessantes: Viele Fotos, Briefe, Drehbücher, Filmtrophäen, Abendkleider, diverse Filmkostüme. In einer stummen Endlosschleife lief ein „Wochenschau“-Mitschnitt der „Bambi“-Verleihung mit Blitzlichtgewitter und vieles mehr.

Doch das kostbarste Unikat der Ausstellung ist leider nicht gekommen: Ruth Leuwerik höchst persönlich!

Kurz nach ihrem 80. Geburtstag erkrankte die Schauspielerin. Die Ausstellung als auch der Beginn der begleitenden Filmreihe mußte leider ohne sie stattfinden. Schade für die vielen Fans, die gekommen waren.

Aber dann! Am 30. Juni 2004 hat es geklappt. Ruth Leuwerik ist gekommen, um sich die Ausstellung am Potsdamer Platz „Die ideale Frau“ anzusehen, die zu ihrem 80. Geburtstag am 23. April 2004 eröffnet worden war. Und sie war noch bis zum 12. August 2004 zu sehen.

Viele Fans warteten schon. Und da kam sie, zu Fuß herüber vom Hotel Hyatt zum Filmmuseum. Ein großer Moment für sie selbst und für die vielen Fans; zweimal mußten sie schon nach Hause gehen, weil die Leuwerik krank geworden war. Aber am 30. Juni sah sie blendend aus, frischer als die Fans, die mit ihr alt geworden sind.

Hotel Hyatt am Potsdamer Platz in Berlin.

Für mich gab es im Jahre 2004 auch einen Glücksmoment, denn ich erhielt einige Tage vor dem 30. Juni einen Anruf aus München: die persönliche Sekretärin der Schauspielerin war am Telefon – und sie teilte mir freundlich mit, dass Frau Leuwerik am 30. Juni nach Berlin käme – und sie würde mich, sozusagen als Ludwig II.-Forscher und Buchautor, gern einmal persönlich kennenlernen. Und so erhielt ich dann genaue Angaben zum Treffen am 30. Juni im Hotel Hyatt.

Dann war es soweit! Am 30. Juni 2004 saß ich im Salon des Hotels und wartete bei „König Ludwig Mélange“ (einer Kaffeespezialität mit Eierlikör und Asbach) auf die große Schauspielerin.

Nach wenigen Minuten stand sie plötzlich vor mir: Die Grand-Dame des deutschen Films. Eine Persönlichkeit mit einer natürlichen, völlig unaufgesetzten Würde, wie man sie weder erlernen noch erschminken kann. Ruth Leuwerik war also gekommen, blendend anzusehen, ihre grauen Haare sauber gescheitelt, die Jacke zartrosa, schwarz die Hose – und immer wieder ein strahlendes Lächeln.

Unser Gespräch begann mit der Geschichte König Ludwigs II. von Bayern. Frau Leuwerik bedankte sich nochmals für das Buchgeschenk („Herrlichkeit und Tragik eines Märchenkönigs …“). „Ich habe Ihr Werk mit großem Interesse und Spannung gelesen – und ich befürworte auch die Inhalte Ihres Buches, Herr Glowasz …“, äußerte die Schauspielerin.

Wir kamen dann auf die deutsche Filmkunst im Laufe der vielen Jahre zu sprechen – und Ruth Leuwerik bekam ja fünf Bambis in den Jahren von 1953 bis 1958.

„Sicher waren Sie schon immer sehr erfolgreich als Schauspielerin?“, lautete meine Frage. Ruth Leuwerik: „Ja, ich spielte schon während des Krieges in Paderborn und Münster Theater, später ging ich dann ans Deutsche Schauspielhaus in Hamburg. Mein erster Film hieß „13 unter einem Hut“. Es war ein Flopp. Der Produzent sagte zu mir: ’sie sind zwar begabt, aber leider unfotogen‘.

Das war für mich ein Urteil, das lange wie ein Damoklesschwert über mir hing.“

Und dann kamen die Erfolge von Ruth Leuwerik: „Ein Herz spielt falsch“ mit O.W. Fischer zusammen. Dieser Film war der eigentliche Durchbruch der Schauspielerin. In dem Käutner-Film „Ludwig II. – Glanz und Ende eines Königs“ spielte Ruth Leuwerik, an der Seite von O.W. Fischer als Ludwig II., die Kaiserin von Österreich – Sisi. Und viele Filme folgten.

Nach einem sehr angeregten Gespräch verabschiedete sich Ruth Leuwerik. Die bescheidene, zurückhaltende Natürlichkeit dieser großen Schauspielerin erweckte bei mir eine außergewöhnliche Sympathie. Ich werde Ruth Leuwerik stets in bester Erinnerung behalten.

Filmmuseum Berlin: Das Plakat zur Ausstellung: „Die ideale Frau. Ruth Leuwerik und das Kino der fünfziger Jahre“. Foto: ddp/images/dapd/Johannes Eisele.


Demnächst erscheinen hier weitere erlebte Geschichten von Peter Glowasz.